Die verschiedenen Muskelfasern

Foto: Scott Betts - iStockphoto.com

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Prinzipiell unterteilt man innerhalb des Muskels die Muskelfasern in verschiedene Typen, welche sich bezüglich ihrer Kontraktionseigenschaften voneinander unterscheiden.
Folgende Arten gibt es:


Ausdauerfasern (Slow Twitch-Fasern = ST-Fasern = langsam zuckend)

Ausdauertraining baut Muskelfasern mit einer hohen Sauerstoffaufnahmefähigkeit auf, welches zu einem leistungsfähigeren aeroben Energiestoffwechsel führt. Zur besseren Durchblutung sind sie von zahlreichen kleinen Blutgefäßen (Kapillaren) umgeben. Die Krafteigenschaften von ST-Fasern sind zwar relativ gering, aber ihre Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung ist sehr hoch (wenn sie entsprechend trainiert werden). ST-Fasern sind dünn und können daher viel besser mit Sauerstoff versorgt werden, als die Kraftfasern. Dadurch sind ST-Fasern auch die “Fettverbrenner“.


(Schnell-)Kraftfasern (Fast Twitch-Fasern = FT-Fasern schnell zuckend)

Diese Muskelfasern sind mehr für den anaeroben Stoffwechsel, also die Energiegewinnung ohne Sauerstoff, ausgerüstet. Sie erhalten wesentlich weniger kleine Blutgefäße als die ST-Fasern. Ihre (Schnell-)Kraftleistung ist deutlich höher als die der ST-Fasern, aber ihre Ermüdungswiderstandsfähigkeit ist um ein Vielfaches geringer. FT-Fasern sind viel dicker als ST-Fasern und sind deshalb schwerer mit Sauerstoff zu versorgen.


Muskelfasern von Zwischentyp (Intermediär-Fasern)

Diese Muskelfasern stehen zwischen den vorher benannten Muskeltypen, sowohl was ihre Kontraktionseigenschaften, als auch was ihre Stoffwechselfunktionen betrifft. Je nach Beanspruchungsform können sie die eine oder andere Funktion übernehmen – in Abhängigkeit wie man sie trainiert.


Nach wissenschaftlichen Untersuchungen liegt bei der Mehrheit der Bevölkerung das Verhältnis der verschiedenen Fasertypen bei etwa 50-60% ST-Fasern und etwa 40-50% FT-Fasern. In Einzelfällen kann das Verhältnis aber 90:10 bzw. 10:90 betragen. Dies sind dann die „geborenen“ Ausdauersportler bzw. Sprinter. Solche genetisch bedingten Extreme sind Voraussetzung für Weltklasseleistungen in den entsprechenden Sportarten und können nur begrenzt antrainiert werden. Die Muskelfaserzusammensetzung steht teilweise auch im Zusammenhang zum Körpertyp. So haben athletische Menschen eher einen hohen Anteil von FT-Fasern als Menschen mit schlanken, leptosomen Körperbau.

Die genetisch bedingten Voraussetzungen und die Art des Trainings bestimmen maßgeblich die Muskelfaserzusammensetzung und damit auch die Fähigkeit schnell oder ausdauernd zu sein, muskulös oder schlank auszusehen.

Ein Paradebeispiel dafür, wie Muskelfasern „umtrainiert“ werden können ist der ehemalige französische Weltklasse-Radprofi (1990er-Jahre) Laurent Jalabert. Dieser gehörte zu den Top-Sprintern im Fahrerfeld und hatte bei einer Etappe der Tour de France im Massensprint einen kapitalen Sturz, bei welchem er sich schwere Kopfverletzungen zuzog (die Profis trugen damals noch keine Helme). Nach seiner Genesung entschloss er sich, sei Dasein als Sprintspezialist aufzugeben und stellte sein Training um. Das Resultat war, dass er sehr gute Qualitäten am Berg entwickelte. Mit Berg ist hierbei das Hochgebirge gemeint, welches einem Sprintertyp grundsätzlich verhasst ist, da seine Physis dort gegenteilige muskuläre Fähigkeiten fordert. Dadurch schaffte er etwas Kurioses: Etliche Tour-de-France-Etappen und zweimal das grüne Trikot gewinnend, gewann er 2001 und 2002 das Trikot des Punktbesten am Berg. Dies gelang bis dato nur zwei Fahren zuvor (Eddy Merckx und Bernard Hinault).