Mentales

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Mentales - Die Frage nach dem "Wie" und "Warum".

In der heutigen „modernen“ Zivilisation gibt es viele Negativfaktoren, mit welchem man immer wieder konfrontiert wird. Mentaler Druck, Stress, Verpflichtungen, tausend Dinge, welche man erledigen „muss“. Ständig wird man mit Informationen zugehauen. Lärm, Zeitdruck, Existenzängste, Menschheitsprobleme und vieles mehr fordern ihren Tribut. Obwohl wir subjektiv frei sind, sind wir objektiv gar nicht so frei – doch dessen sind wir uns kaum bewusst. Wir sind in vielerlei Hinsicht Gefangene in einer sehr komplexen Welt voller Vorschriften, Regeln und Forderungen. Vor Zehntausenden Jahren war es in dieser Hinsicht viel einfacher. Es ging einfach nur um den simplen Faktor des täglichen Überlebens. Essen, Trinken und ein sicherer und warmer Platz zum Schlafen. Nicht mehr.

In gewisser Weise kann eine simple ausdauersportmäßige Beanspruchung eine Metapher zu Letzerem sein, welche die Antwort auf die mir häufig gestellte Frage ist, wie ich (bzw. es mental schaffe, bei Ultramarathons respektive langen Touren über so viele Stunden unterwegs zu sein, warum ich dies mache und was mir dabei durch den Kopf geht. Bei solchen Tätigkeiten wird das Leben sehr einfach, das ganze Dasein reduziert sich irgendwann nur auf etwas ganz Simples: Da ist der Weg und diesen muss man bewältigen. Dieser Weg ist dafür da. Und dort ist jemand (ich), der diesen Weg gehen soll. Sonst existiert im Prinzip nichts. Es geht nur darum, diesen Weg zu gehen – ohne wirklich rational die Frage nach dem „Warum“ beantworten zu können. Wobei es nicht nur wörtlich um den Weg geht, der da auf dem Boden vor einem ist. „Der Weg“ ist auch eine Metapher zu dem Ganzen, mit all seinen physischen und psychischen Komponenten, welchen man sich bei so etwas hingibt.

Bei diesen langen Touren genieße ich auch die oft vorherrschende optische, akustische und mentale Stille, welche mich umgibt, wenn es beispielsweise durch einsame Wälder geht. Und irgendwann, insbesondere wenn die physische Ermüdung fortgeschritten ist und auch eine gewisse mentale Ermüdung gegeben ist, kommen oft Phasen welche einen gewissen spirituellen Charakter haben können. Wenn der Punkt erreicht ist, bei dem ich Alltagsgedanken loswerde, ich mich mit solchen also nicht mehr beschäftige und sich dieser mir nicht mehr aufzwingt, kann ich Phasen erleben, welche man gerne als Runners High bezeichnet. Wobei ich nicht weis, ob es das wirklich ist, denn ich weis nicht, wie genau es andere erleben. Zumindest passt es von der Beschreibung her. Es ist ein relativ euphorischer Zustand. Mit (für mich) passender Musik legt sich ein Schalter in mir um. Das ganze (eigene) Leben drum herum ist in dem Moment ausgeblendet. Alles Negative ist weg. Ich bin nur noch ein Mensch in der Natur und nur noch die moderne Bekleidung unterscheidet einem optisch von einem Steinzeitmenschen, welcher durch die Lande zieht. Ich höre irgendwie auf, zu denken. Ich habe keine Vergangenheit, keine Zukunft ... Ich bin einfach. Ich nehme nur noch die Musik war und die wunderbare Gegend, in der ich wandele. Ich nehme die Natur sehr intensiv war und fühle mich mit ihr verbunden. Oder mein Blick fokussiert den Trail, auf dem ich laufe und die Landschaft zieht schemenhaft an mir vorbei. Ich verspüre keine ermüdungsbedingten Schmerzen mehr. Die Beine, zuvor noch schwer, fühlen sich leicht an – die Schwere ist weg. Die Müdigkeit, der verspannte Rücken und die vielleicht etwas schmerzenden Knie (durch die vielen Höhenmeter) … alles nicht mehr da. Die Atmung ist beschleunigt – aber ohne, dass es anstrengt. Ich fühle mich leicht und habe das Gefühl, über den Boden zu tänzeln, völlig unbeschwert. Ich erklimme einen Berg, stehe oben und schaue in das schöne Tal und ein Glücksgefühl überkommt mich. Es sind diese Momente, welche in mir eine Demut vor der Schönheit und Vielfalt der Natur erzeugen und eine Dankbarkeit, Teil dieser Natur sein zu dürfen. Es mit einem Mal so leicht, einfach nur „zu sein“ – ohne eine bestimmte Funktion zu erfüllen, welche sonst das komplexe Räderwerk unserer Zivilisation fordert. Ich fühle mich wie in einem gewissen Rausch.

Es sind diese Momente, welche ich nur in den Bergen erleben kann und welche mich immer wieder dort hinziehen. Hierbei lässt sich eine Art der Freiheit erleben, welche einem in der zivilisierten Alltagswelt verschlossen bleibt.
Hierzu kommt eine temporäre Bescheidenheit, welche dazu führt - im Alltag doch so selbstverständlich Dinge – schätzen zu wissen. Kleinigkeiten können dann sehr wertvoll sein und man bekommt ein besonderes Bewusstsein dafür. Simples Wasser schmeckt so gut wie nie, wenn man Durst hat. Ein Stück Schokolade aktiviert die Geschmacksnerven intensiver, wenn man deutlichen Hunger verspürt. Das warme Bett und die gemütliche Couch werden so wertvoll, wenn man kaputt aber zufrieden (nach solch einer Tour) darin versinkt. Solche Kleinigkeiten sind wertvolle Belohnungen, welche mich dazu bewegen, mich zu motivieren, mein Vorhaben durchzuziehen und das (mein) Ziel zu erreichen.

Oft kommentieren Menschen mein Tun mit einer „Sportverrücktheit“ oder „Sportbesessenheit“, oder "mir etwas beweisen zu müssen" (in der Regel ohne dies böse zu meinen). Das Vorurteil dabei ist, dies nur auf „Sport“ zu reduzieren. Der sportliche Aspekt ist nur ein Teilaspekt! Wo fängt Sport an und wo hört er auf? Wo die Grenze ziehen? Ich mache diese Ultras nicht um des Sport willens! Es ist die Liebe zur Natur und die Berge und das Freiheitserlebnis, was mich dazu bringt. Der Sport (außerhab der Ultras) ist das Werkzeug, welches mir die physische Fitness bringt, die mir dann erst ermöglicht, diese Freiheit viele Stunden zu erleben.