Zum Thema "wissenschaftlich belegt"

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Immer wieder liest man von empfohlenen Verfahren, Vorgehensweisen und Methoden, die „wissenschaftlich belegt“ (gestützt) sind. Nun kann man diesen Aussagen auch grundsätzlich Glauben schenken, wenn diese aus seriösen bzw. glaubwürdigen Quellen stammen. Allerdings kann das Argument „wissenschaftlich belegt“ schnell suggerieren, dass dann dabei eine quasi 100%ige oder zumindest sehr hohe Genauigkeit gegeben ist (sein muss), die wohlmöglich noch einfach auf jeden Menschen übertragbar ist. Dies muss mitnichten so sein - respektive das eine hat mit dem anderen nicht zwangsläufig was zu tun.

Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen bzw. Studien, auf die sich entsprechende Methoden stützen, verschleiern sehr häufig, dass es sich um Werte handelt, welche bei einer größeren Probandengruppe im Mittel zu einem korrekten Ergebnis kommen – in zahlreichen individuellen Fällen aber völlig danebenliegen können. Eine chronische Verschleierung dieser Tatsache führt dann aber auch schnell zu chronischem Pauschaldenken und blindem Vertrauen auf das Verfahren, ohne es zu hinterfragen.

Gerade im diagnostischen Bereich wird viel pauschal als „genau“ verkauft, was es aber nur von der Theorie her ist. Bzw. es werden zahlreiche individuelle Gegebenheiten und Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt.
Das Paradebeispiel ist die Laktatleistungsdiagnostik. Es ist wissenschaftlich belegt bzw. gestützt, dass im Mittel die Anaerobe Schwelle bei einem Menschen bei 4 mmol/l liegt. Dies bedeutet aber nicht, dass dies für jeden Menschen gilt. In der Praxis liegt eine recht hohe Streuung vor, sodass die individuellen Werte von Person zu Person erheblich variieren können.

Oder: Faustformel orientierte Herzfrequenzberechnungen (teilweise sehr komplex) für ein Ausdauertraining sind auch wissenschaftlich gestützt – nichtsdestotrotz nur Faustformeln mit sehr hoher Fehlerquote, wenn es um den individuellen Einzelfall geht.
Die Bezeichnung „wissenschaftlich belegt“ muss so manches Mal relativiert und darf nicht missverstanden werden.