Thema Trailstöcke

Bergauf ohne Stöcke ist nicht zwangsläufig ein Nachteil.

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Theoretisch ist die Sache klar, geht es einen deutlichen Anstieg hinauf, ließen sich durch entsprechenden Zug und Druck an bzw. auf die Stöcke die Oberschenkel entlasten, da man quasi weniger Abdruck mit den Beinen leisten muss. Gegebenenfalls wäre man damit vielleicht sogar schneller am Berg. Der Haken ist aber, dass für einen wirklich Gewinn bringenden, deutlichen Einsatz des Oberkörpers ein gewisses Zeitfenster gegeben sein muss, damit mit den Stöcken auch richtig Druck aufgebaut werden kann. Dies erfordert einen entsprechend relativ langen Schritt, einhergehend mit einer relativ geringen Schrittfrequenz. Ein längerer Schritt bedeutet aber auch einen höheren Krafteinsatz. Eine kraftsparende Gehtechnik erfordert aber in erster Linie einen ökonomischen Schritt, welcher wiederum eine kurze Schrittlänge mit höherer Schrittfrequenz erforderlich macht.

Siehe hierzu <Effektive Geh- und Lauftechnik am Berg / Über wenig Schritte und müde Beine ...>
Beim effektivem „Berggang“ einer hohen Schrittfrequenz, mit einer Schrittlänge von nur gut einer Fußlänge, lassen sich die Stöcke aber nicht genau so hochfrequent einsetzen – ohne deutlich den Druck mit diesen zu verringern. Das Zeitfenster ist dafür zu kurz. Die Konzentration darauf, die Stöcke mit effektivem Druck einzusetzen, zwingt einem dann automatisch wieder in einem eher unökonomisch langen Schritt.

Der Vorteil Oberschenkelentlastung durch die Stöcke wird dann wieder durch einen zwangsläufig entstehenden großen Schritt zunichtegemacht. Nach meiner Erfahrung gleicht sich die noch nicht mal aus, sondern eine konsequente Anwendung der „Kurzschritttechnik“ (ohne Stöcke) ist deutlich ökonomischer als ein längerer Schritt mit dem Einsatz von Stöcken. Und selbst an Passagen, welche einem einen großen Schritt aufzwingen (wie beispielsweise Felsstufen o. Ä.), sehe ich – aus rein ökonomischer Sicht (nicht sicherheitstechnisch!) keinen Vorteil von Stöcken. Mit der klassischen Technik, sich bei jedem Schritt mit einem oder (von mir bevorzugte Vorgehensweise) beiden Armen kräftig am Oberschenkel (in Nähe des Kniegelenks) abzustoßen, wird mindestens der gleiche Effekt erreicht, wie mit dem Einsatz von Stöcken. Dabei hat man dann aber die Hände frei! Es ist damit immer möglich, sich irgendwo fix kurz zu halten, beispielsweise an Felsen. Mit der „Armabdrucktechnik“ lässt sich eine hohe Schrittfrequenz verwirklichen, man kann dazu mit den Armen deutlich schneller agieren als mit den über die Stöcke verlängerten Armen. Weiterhin lassen sich die Arme „stufenlos verstellen“, egal wie hoch der erforderliche Kniehub oder der Boden beschaffen ist. Berg hoch, wenn Bodenbeschaffenheit und Steilheitsgrad ständig variieren, gibt es keine optimale Stocklänge, sondern diese müsste für jeden Schritt neu angepasst werden – was natürlich nicht machbar ist. Die eigenen Arme lassen sich aber nach Belieben anwinkeln und deren Länge quasi ständig und schnell der Situation anpassen.

Aus rein ökonomischer Sicht, wenn es um eine potenzielle Entlastung der Oberschenkelmuskulatur (am Anstieg) geht, sehe ich bei den Stöcken keine Möglichkeit etwas zu erreichen, was man nicht auch ohne Stöcke, mit einer wirklich effektiven Gehtechnik erreichen kann. Deshalb benutze ich am Anstieg keine Stöcke - ohne bin ich definitiv schneller. Insbesondere bei kritischen Gefällen sind sie mir aber eine wertvolle Hilfe, zumal meine dicken Hokas so manchen Bereich nicht mögen. Mit einem Stock fühle ich mich da viel sicherer. Ich schreibe bewusst „einem“ – denn meist nehme ich nur einen mit. Zumindest in den Gebieten, wo ich mich bisher aufgehalten habe, reicht mir einer aus. Diesen zu benutzen macht mir aber Spaß; so ein Teil fühlt sich gut an.

Wer also als Trail-Läufer bzw. Ultra bisher solche Teile noch benutzt hat und überlegt, sich solche anzuschaffen: Ich kann es nur empfehlen! Jedoch sollte man ausprobieren und abwägen und austesten, in welchem Terrain man diese wirklich benötigt, respektive wo sie wirklich Vorteile bringen. Letztendlich ist dies auch eine individuelle Sache.